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holgerd77 authored and holgerd77 committed Nov 27, 2013
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5.2. Moderner Staat, lebendige Demokratie und Bürgerbeteiligung
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Wirksam und vorausschauend regieren
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Die Koalition macht es sich zur Aufgabe, die Wirksamkeit des Regierungshandelns gezielt zu erhöhen und erarbeitet dazu eine ressortübergreifende Strategie
„Wirksam und vorausschauend regieren“. Koordinierende Stellen bündeln die
Maßnahmen innerhalb der Ressorts und bei ressortübergreifenden Zielen und
Vorhaben.

Wir stärken die Kompetenzen und Kapazitäten der strategischen Vorausschau in
den Ministerien, um Chancen, Risiken und Gefahren mittel- und langfristiger Entwicklungen besser erkennen zu können. Wir nutzen vermehrt Wirkungsanalysen
in der Phase der Entwicklung von politischen Maßnahmen sowie Evaluationen bestehender Gesetze und Programme, um die Wirksamkeit systematisch zu prüfen.

Wir wollen die Zielgenauigkeit und Wirksamkeit politischer Vorhaben dadurch erhöhen, dass wir politische Vorhaben stärker aus Sicht und mit Beteiligung der
Bürgerinnen und Bürger entwickeln. Dazu verbessern wir die Kompetenzen und
Kapazitäten in der Verwaltung, um neueste Erkenntnisse der Sozialwissenschaften besser zu nutzen.

Bürgerbeteiligung
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Parlament, Regierung und Verwaltung werden die Möglichkeiten der Digitalisierung
intensiv nutzen und die interaktive Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern
sowie der Wirtschaft auf barrierefreien Websites ausbauen. Wir wollen die Potenziale
der Digitalisierung zur Stärkung der Demokratie nutzen. Wir wollen die Informationen
über politische Entscheidungen quantitativ und qualitativ verbessern und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Menschen an der politischen Willensbildung ausbauen.
Gerade im Vorfeld von Entscheidungen ist früh, offen, umfassend und verständlich
zu informieren. Deutschland wird im Rahmen der „Digitalen Agenda“ der EUKommission einen „Digital Champion“ benennen.

Den Sachverstand und die Meinung der Bevölkerung suchen wir auch über digitale
Beteiligungsplattformen, so dass konstruktive und frühzeitige Einflussnahme von
Bürgerinnen und Bürgern besser gelingt.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit an umweltpolitisch relevanten Entscheidungsprozessen wird gestärkt, ohne die zügige Umsetzung von Planungsvorhaben zu gefährden.

Verkehrsinfrastrukturprojekte brauchen Akzeptanz und Transparenz. Wir werden
deshalb die Bürgerbeteiligung in der Vorphase der Planfeststellung weiter verbessern und hierfür verbindliche Qualitätsstandards gesetzlich festschreiben.

Wir wollen Bürgerinnen und Bürger und die Akteure der Zivilgesellschaft konsequent
in die Diskussion um Zukunftsprojekte und die Ausgestaltung von Forschungsagenden einbinden. Wir wollen neue Formen der Bürgerbeteiligung und der Wissenschaftskommunikation entwickeln und in einem Gesamtkonzept zusammenführen.

Wir wollen die Partizipation Jugendlicher stärken. Wir wollen Anreize zur Stärkung
partizipationsfördernder Kommunalpolitik legen. Jugendhilfeausschüsse und Jugendhilfeplanung bieten Ansatzpunkte guter Jugendpolitik. Wir unterstützen das ehrenamtliche und freiwillige Engagement Jugendlicher und wollen für mehr Anerkennung sorgen.

Transparenter Staat
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Die digitale Berichterstattung über den Bundestag und seine Sitzungen sowie über
öffentliche Ausschusssitzungen und Anhörungen (z. B. in Streams) wollen wir ausbauen. So bald wie möglich werden wir Bekanntmachungen wie beispielsweise
Drucksachen und Protokolle in Open Data tauglichen Formaten unter freien Lizenzbedingungen bereitstellen.

Wir wollen rechtliche Hemmnisse bei der Ausübung des Wahlrechts für Analphabeten und Betreute abbauen.

Wir erhöhen die Transparenz beim Einsatz externer Personen in der Verwaltung.
Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und
Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an.

Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln.

Moderne Verwaltung
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Wir wollen ein bürgerfreundliches „digitales Deutschland“. Ein Programm „Digitale
Verwaltung 2020“ für verbindliche Standards zur flächendeckenden Digitalisierung
der Verwaltung soll dazu auf den Weg gebracht werden. Bei den Beschaffungen
des Bundes werden wir die Prozesse standardisieren und nach Möglichkeit digitalisieren.

Durch E-Government ergeben sich umfassende Dienstleistungen für die Bürgerinnen
und Bürger und für die Wirtschaft, die die Erledigung von Formalia wie Behördengängen wesentlich erleichtern können. Zahlreiche gute und erfolgreiche EGovernment-Projekte zeigen, dass es innovative technische Lösungen in Deutschland gibt, die allerdings noch nicht flächendeckend und koordiniert umgesetzt sind.

Der Bund wird den Ländern vorschlagen, die Programme des E-Governments unter
Verantwortung des IT-Planungsrates zu konsolidieren und zu koordinieren. Dabei
sind Technologien nach Möglichkeit langfristig so zu planen, dass keine Abhängigkeiten zu intransparenten Protokollen, Software, Hardware oder Herstellern entstehen.

Bei der Anschaffung von IT-Technologie durch die öffentliche Hand müssen im
Rahmen des Wirtschaftlichkeitsprinzips Innovationspotenziale und Nachhaltigkeit als
mitentscheidende Kriterien bedacht werden. Bei Ausschreibungen sollen Sicherheitsstandards vorgegeben und wenn möglich Open-Source-Lösungen erwogen
werden.

Voraussetzung für die Akzeptanz elektronischer Behördendienste sind Datenschutz
und Sicherheit der Kommunikation und Angebote. Die Identifizierungsfunktion des
neuen Personalausweises und die Nutzung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen
sind grundsätzlich anzuwenden.

Eine bundesweite laufend aktualisierte Landkarte aller öffentlich angebotenen
Dienstleistungen schafft Transparenz, Koordinierung, Verbindlichkeit, Priorisierung
und Fokussierung und gibt den Bürgerinnen und Bürgern einen Überblick über die
entsprechenden Angebote. Die Idee der einheitlichen Behördennummer 115 wollen
wir ins Internet übertragen (www.115.de) und zumindest die 100 wichtigsten und am
häufigsten genutzen Verwaltungsleistungen innerhalb der nächsten vier Jahre bundesweit einheitlich online anbieten.

Wir erleichtern den Kommunen die Realisierung, indem wir die besten Umsetzungslösungen häufig genutzter Verwaltungsleistungen anbieten und dadurch eine bessere Vereinheitlichung mit niedrigeren Folgekosten erreichen.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen auf Wunsch die Möglichkeit haben, einen einheitlichen Stammdaten-Account, ein sogenanntes Bürgerkonto zu verwenden, um die
Kommunikation mit der Verwaltung zusätzlich zu vereinfachen. Zur elektronischen
Identifizierung soll der neue elektronische Personalausweis genutzt werden. Das
Bürgerkonto kann zum digitalen Dokumentenpostfach erweitert werden.

Eine Systematisierung der bislang nebeneinanderstehenden Rechtsregelungen zum
Internet (Internetgesetzbuch) wird geprüft und in diesem Zusammenhang das Leistungsschutzrecht hinsichtlich der Erreichung seiner Ziele evaluiert.

Erste Open-Data-Projekte in Deutschland zeigen das Potential offener Daten. Die
Bundesverwaltung muss auf der Basis eines Gesetzes mit allen ihren Behörden Vorreiter für die Bereitstellung offener Daten in einheitlichen maschinenlesbaren Formaten und unter freien Lizenzbedingungen sein. Wir wollen für Bund, Länder und Kommunen ein Open-Data-Portal bereitstellen. Die Koalition strebt einen Beitritt Deutschlands zur internationalen Initiative Open Government Partnership an.

Öffentlicher Dienst
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Der öffentliche Dienst ist Grundlage einer funktionierenden staatlichen Infrastruktur und Daseinsvorsorge. Das Berufsbeamtentum ist dabei Garant einer leistungsfähigen und unabhängigen Verwaltung. Zur Sicherung der Fachkräftebasis und
zur Gewinnung qualifizierten Nachwuchses brauchen wir eine demografievorsorgende Stellen- und Personalpolitik, moderne, attraktive und familienfreundliche
Arbeitsbedingungen sowie partnerschaftliche Personalvertretungen.

Wir wollen die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes weiterhin sicherstellen,
indem wir die Zugangsvoraussetzungen künftig auch stärker an gewonnenen berufspraktischen Erfahrungen oder besonderen wissenschaftlichen Qualifikationen orientieren und beispielsweise den Zugang zum höheren Dienst des Bundes auch für Bachelor-Absolventen mit Promotion oder mehrjähriger beruflicher Erfahrung öffnen.

Wir stehen zum Bonn-Berlin-Gesetz. Bonn bleibt das zweite bundespolitische Zentrum.

Moderne Justiz
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Wir wollen einen bürgernahen und effizienten Zivilprozess. So werden wir den
Ländern die Möglichkeit einräumen, bei den Landgerichten spezialisierte Spruchkörper einzurichten. Wir wollen außerdem die Neutralität gerichtlich beigezogener
Sachverständiger gewährleisten und in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden
die Qualität von Gutachten insbesondere im familiengerichtlichen Bereich verbessern. Die Rechtsgrundlagen für den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Akte in der Justiz werden wir weiterentwickeln und die praktische Umsetzung begleiten.

Damit die Bürger einfacher Ersatz für die Schäden erhalten, die sie durch fehlerhaftes Verhalten staatlicher Stellen erlitten haben, fassen wir das zersplitterte
Staatshaftungsrecht zusammen.

Wir wollen das Betreuungsrecht in struktureller Hinsicht verbessern und damit das
Selbstbestimmungsrecht hilfebedürftiger Erwachsener bedarfsgerecht stärken. Wir
werden das Vormundschaftsrecht modernisieren.

Wir wollen das Rechtssprechungsmonopol des Staates stärken. Illegale Paralleljustiz werden wir nicht dulden. Wir sind überzeugt, dass Recht und Rechtsordnung
eine völkerverbindende und friedenstiftende Wirkung entfalten. Wir werden zudem
die Initiative „Law – Made in Germany“ fortführen und weiterentwickeln.

Wir werden deshalb mit Nachdruck die bilateralen Rechtsstaatsdialoge fördern.
Die Bundesregierung fördert institutionell das Institut zur Umsetzung der Nürnberger Prinzipien im Völkerstrafrecht in Nürnberg.

Für Toleranz und Demokratie
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Im Interesse der Lebendigkeit unserer Demokratie und unserer freiheitlichdemokratischen Grundordnung ist es erforderlich, ziviles Engagement und demokratisches Verhalten sowie den Einsatz für Vielfalt und Toleranz bei Kindern und Jugendlichen auf der kommunalen bzw. regionalen Ebene zu fördern und zu stärken.
Wir motivieren und unterstützen Vereine, Projekte und Initiativen, die sich der Förderung von Demokratie und Toleranz widmen und gegen Gewalt und Hass, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wenden.

Der Einsatz für Demokratie und gegen Extremismus ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und bedarf einer ressortübergreifenden Gesamtstrategie.

Die Extremismusprävention der Bundesregierung bündeln und optimieren wir. Antisemitismus bekämpfen wir, Radikalisierung treten wir entgegen. Wir stärken die Prävention durch Verstetigung von Programmen.

Die Umsetzung der einmütig beschlossenen Empfehlungen des NSUUntersuchungsausschusses ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer Bemühungen zur
Bekämpfung des Rechtsextremismus in Deutschland. Die Auseinandersetzung mit
und die Überwindung von Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus und anderer Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine Aufgabe von Bund,
Ländern und Kommunen sowie der Zivilgesellschaft gleichermaßen.

Die bestehenden Programme werden langfristig finanziell sichergestellt und auf bundesgesetzlicher Grundlage, soweit Gesetzgebungskompetenz vorliegt, weiterentwickelt sowie neue Strukturformen entsprechend des Abschlussberichtes des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages zur NSU etabliert. Die Haushaltsmittel stocken wir auf. Wir treten rassistischen und demokratiefeindlichen Strukturen
mit der Stärkung von Forschung und politischer Bildung entgegen.

Die Bundeszentrale für politische Bildung leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die
Demokratieförderung. Ihre Arbeit wollen wir stärken.
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